In 9 Schritten zu schmerzfreien Fingern
Mit kranken Fingergelenken ist nicht zu spassen. «Zögern Sie nicht. Ein früher Arztbesucht lohnt sich», sagt Rheumatologe Prof. Dr. Thomas Stoll aus Schaffhausen.
Schmerzen Ihre Fingergelenke beim Händeschütteln, beim Flaschen öffnen oder nur beim Aufschliessen der Haustüre? Dann gehen Sie zum Arzt. Je früher Sie mit der richtigen Therapie beginnen, desto besser.
Ein fester Händedruck tut weh. Der Flaschendeckel lässt sich nur unter Schmerzen öffnen. Das Eindrehen einer Schraube misslingt. Vor Fingergelenkarthrose ist niemand gefeit. Die Vererbung spielt eine grosse Rolle. Aber auch die Überbeanspruchung der Hände.
Das Übel sitzt aber zum grösseren Teil in den Genen. Zwei Drittel der Frauen und gut die Hälfte aller Männer über 55 Jahre kennen das nur zu gut. Sie haben an mindestens einem Fingergelenk Anzeichen von Fingergelenkarthrose.
Laut Prof. Dr. Thomas Stoll, Facharzt für Rheumatologie in der Praxis Buchsbaum in Schaffhausen, hat jede Therapie drei Hauptziele. « Zuerst müssen wir die Schmerzen reduzieren, damit der Patient seine Finger überhaupt noch gebrauchen kann. Gleichzeitig arbeiten wir an der Greifkraft und an der Beweglichkeit. Jede Therapie muss auf den einzelnen Patienten ausgerichtet sein. Keiner ist wie der andere.»
Neun Schritte umfasst die Empfehlung der Europäischen Rheumaliga EULAR zur Behandlung der Fingergelenkarthrose.
Schritt 1: Richtig bewegen und Hilfsmittel verwenden
Betroffene lerne, wie sie Ihre Finger möglichst beschwerdefrei einsetzen. Mediziner zeigen ihnen, welches Hilfsmittel es gibt, damit sie den Alltag besser bewältigen können.
Empfohlene Hilfsmittel:
Schritt 2: Übungen machen
Die Physio- und Ergotherapeuten zeigen den Patienten Übungen zur Verbesserung der Gelenkbeweglichkeit, Muskelkraft sowie zur Stabilisierung des Daumensattelgelenks. Schon alleine damit können die Schmerzen gelindert werden.
Empfohlene Hilfsmittel:
Schritt 3: Orthesen tragen
Mit Stützmanschetten kann man die Funktion des Daumensattelgelenks verbessern und die Schmerzen reduzieren. Die Orthesen müssen dazu über längere Zeit getragen werden.
Schritt 4: Gegen den Schmerz Salben und Pflaster nehmen
Schmerzlindernde und entzündungshemmende Salben und Pflaster sind die erste Wahl bei der Behandlung von Schmerzen in Hand und Fingern. Sie wirken lokal und haben darum kaum Nebenwirkungen.
Schritt 5: So wenig Schmerztabletten wie möglich, aber so viel wie nötig schlucken
Paracetamol ist oft hilfreich, aber seine Wirksamkeit ist gemäss Studien limitiert. Nichtsteroidale Antirheumatika oder COX-2-Hemmer sollen bei Bedarf in voller Dosis, da so am wirksamsten, eingenommen werden. Bei älteren Patienten ist jedoch Zurückhaltung geboten. Immer sind allfällige, teils gravierende Nebenwirkungen an Magen, Darm, Nieren, Gefässen und Herz zu bedenken.
Schritt 6: Chondroitinsulfat nehmen
Chondroitinsulfat kann bei Fingergelenkarthrose sowohl zur Schmerzlinderung als auch zur Funktionsverbesserung eingesetzt werden. Studien bestätigen das.
Schritt 7: Spritzen ins Gelenk nur von Fall zu Fall einsetzen
Bei Fingergelenkarthrose sind Spritzen eigentlich nicht geeignet. Sie können aber von Fall zu Fall – bei besonders starken Schmerzen – eingesetzt werden.
Schritt 8: Medikamente gegen Rheumatoide Arthritis sind bei der Fingergelenkarthrose nicht wirksam
Eine Fingergelenkarthrose soll weder mit konventionellen noch mit biologischen krankheitsmodifizierenden anti-rheumatischen Substanzen behandelt werden. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass solche sogenannten DMARDs oder Biologics hier nicht wirksam sind.
Das ist Arthrose
Arthrose bezeichnet einen langsam fortschreitenden Abbau von Gelenkknorpel. Arthrose kann Gelenkschmerzen verursachen und die Beweglichkeit stark einschränken. Am häufigsten betroffen sind Kniegelenk, Hüftgelenk und Fingergelenke. Arthrose ist die weltweit häufigste Gelenkerkrankung. 600'000 Schweizerinnen und Schweizer leiden unter Arthrose-Schmerzen, Tendenz steigend. Auch wenn die Arthrose ein langsamer Prozess ist, sollten die Beschwerden rasch abgeklärt werden. Nur der Arzt kann andere, eventuell sogar schwerwiegende Erkrankungen ausschliessen. Und: Die Arthrose-Behandlung wirkt umso besser, je früher man damit beginnt.
Magazin Sprechstunde Doktor Stutz Nr. 4/2019